Wenn ich eines in den letzten 2 Jahren gelernt habe, ist es, dass ich mein Trauma und die daraus resultierenden Probleme schön durch spirituelle Praktiken umgangen bin und immer der Meinung war, ich habe mich damit selber geheilt. Ein Mantra hier, eine Yoga-Ausbildung da, ein Women Circle hier, eine Mala-Kette da, Ho‘noponono hier, ein Kurs In Wundern da. Alles wunderbare Werkzeuge um sich mit sich selbst zu verbinden und die eigene Wahrheit zu erkennen, aber tiefe traumatische Erlebnisse werden damit nicht geheilt. Und hier liegt die grosse Gefahr für viele Menschen, weil sie sich fragen warum sie trotz aller Kurse, Selbsthilfe Bücher und Retreats nicht wirklich weiterkommen und tiefe Risse in der Seele immer noch da sind, obwohl doch spirituelle Lehrer versprechen sie mit ihrem Kurs o.ä. zu heilen.
Folgende Bedeutung finden wir zu Spiritual Bypassing: “Tendenz, spirituelle Ideen und Praktiken zu verwenden, um ungelöste emotionale Probleme, psychische Wunden und unvollendete Entwicklungsaufgaben zu umgehen oder zu vermeiden”.
Die Begegnung mit unserer Angst, unserem Trauma oder unserer ungelösten Probleme ist so bedrohlich, dass wir eine Umleitung brauchen. Und diese kann die Form von Spiritualität annehmen. So verschönern wir den Prozess für uns selbst und müssen nicht in die Dunkelheit der Probleme eintauchen.
Das erklärt vielleicht auch, warum wir dazu neigen, auch auf der spirituellen Reise den Fokus nur auf den Geist zu legen und unsere Emotionen dabei in den Hintergrund fallen zu lassen, anstatt beides gleichzeitig anzugehen. Alles gehört aber nun einmal zusammen- Köper, Geist und Seele.
Im Podcast gehe ich tief auf folgende Punkte ein:
- wie man spiritual bypassing erkennt
- die Gefahr dabei für dich und uns als Gesellschaft
- welche Neigungen und Formen es annehmen kann
- wie wir spirituelles Umgehen/Überholen benennen können, ohne dabei jemanden zu verletzen
So erkennst du einen Spiritual Bypass
- Übertriebene oder zwanghafte Gutmütigkeit
- Unterdrückung schmerzhafter Emotionen
- Unfähigkeit Grenzen zu setzten
- Ein Gefühl von spiritueller Überlegenheit
- Spirituelle Besessenheit oder Sucht nach Praktiken
- Blindes Vertrauen in charismatische FührerInnen / Gurus / Coaches
- Betonung darauf, dass im Leben alles gut ist, wenn es das nicht ist
- Verzicht auf persönliche Verantwortung
- Soziale Isolation oder Entfernung aus dem vertrauten Umfeld
- Abkapseln von allem, was als negativer Einfluss wahrgenommen wird, beispielsweise Nachrichten, oder auch von Konflikten im Alltag
- Schweben in einem spirituellen Raum, der wenig mit der Realität zu tun hat, in der die meisten anderen Menschen unterwegs sind
- Schwierigkeiten, emotionalen Bedürfnisse bewusst zu machen und sie einzufordern
- Hang zu übermäßiger Gütigkeit & Mitgefühl und Schwierigkeiten
- Übermäßige Empathie oder Toleranz
- Die Auffassung, dass alles eine Illusion ist – einschließlich des Leidens, aller strukturellen Ungleichheiten und Missstände
- Überbetonung des Positiven und Vermeidung des Negativen in deinem Leben / in der Welt
Wenn du erkennst, dass auch du durch spirituelle Praktiken versucht hast, deine tiefen Probleme oder gar Trauma zu umgehen, dann ist es jetzt wichtig, dass du sanft und mitfühlend mit dir bist. Verachte dich nicht dafür, sondern nimm an was ist und suche dir Hilfe wenn du sie brauchst. Traumatherapie, Psychotherapie, EMDR etc. sind alles Wege um mit den tiefen Narben auf der Seele klarzukommen und es hilft dir, das Leben neu auszurichten. Auch wenn dieser Weg dunkel, steinig und aufrüttelnd sein wird, so wird am Ende ein Leben auf dich warten, das dich nicht mehr zurückhält durch die Schatten der Vergangenheit!
love it!113